Nachdem wir uns drei Tage in Terezin, dem vormaligen Ghetto Theresienstadt an authentischen Orten mit der Zeit von November 1941 bis August 1945 befasst hatten, führte uns unsere Spurensuche in das jüdische Viertel von Prag. In Josefov trafen wir in den Räumen der Theresienstädter Initiative (bis 1942 eine jüdische Schule) Frau Dr. Michaela Vidláková. Sie wurde 1936 als Michaela Lauscherová in Prag geboren. Am 20. Dezember 1942 wurde sie mit ihren Eltern von Prag nach Theresienstadt deportiert.
„Vorzimmer des Todes“ nennt Micaela Vidláková das Ghetto, in dem sie zweieinhalb Jahre in Elend, Hunger und ständiger Angst ums Überleben zubringen musste. In Theresienstadt lernt sie die deutsche Sprache von einem Jungen aus Berlin. Seine Spur verliert sich in Auschwitz. Die Lauschers haben Glück im Unglück: Der Vater gilt als wertvoller Handwerker, deshalb wird die Familie nicht in einem der vielen Züge nach Osten „evakuiert“ – in die Vernichtungslager.
Nach dem Krieg beginnen sich Michaela Vidlákovás Eltern Irma Lauscherová und Jiří Lauscher intensiv für Erinnerungsarbeit einzusetzen. Bereits Anfang der 1960er Jahre sind sie von den Deutschen, und zwar von den Mitgliedern der Aktion Sühnezeichen, als eine der ersten Juden in der Tschechosowakei kontaktiert worden. So begann eine enge Zusammenarbeit. Michaela Vidláková führt das Lebenswerk ihrer Eltern fort. Michaela Vidláková lebt nach wie vor in Prag, dort hat sie als promovierte Naturwissenschaftlerin gearbeitet.
Michaela berichtet uns von einem Freund, der sechs KZ überlebt hatte und auch an Schulen ging. Er hat die Erfahrung gemacht, dass die Schüler zurückweichen, so, als ob Sie Angst vor Berührung hätten. Er sagte dann: „Ihr tragt keine Schuld. Ihr tragt jetzt aber die Verantwortung für die Zukunft.“ Das ist auch Michaelas Botschaft. Man kann an der Vergangenheit nichts ändern. Also muss man etwas für die Zukunft tun. Das Erste ist, nicht zu vergessen! Und das versprechen wir!